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Am freien Tag Gräber gepflegt - Projekt „sozialgenial“ am HAG

Grabstelle vorher

Grabstelle nachher

Von Joke Brocker (WN)

LENGERICH. Normalerweise herrscht, vom Vogelgezwitscher einmal abgesehen, auf dem St.-Margarethen-Friedhof Grabesstille. Vielen Ruhestätten hier ist anzusehen, dass es offenbar niemanden mehr gibt, der sie pflegen könnte. Und der Friedhofsgärtner alleine, gibt Pfarrer Peter Kossen zu bedenken, könne gerade im Sommer die anfallenden Arbeiten unmöglich alleine bewältigen.

Daher liefen Lisa Dellbrügge und Hannah Kukuk, Lehrerinnen für Pädagogik und Mathematik am HAG, gewissermaßen offene Türen ein, als sie vorschlugen, Schülerinnen und Schüler der EF, der Eingangsklasse in die Oberstufe, einen Vormittag lang Unkraut jäten, Grabsteine säubern und Gräber bepflanzen zu lassen. Im Zuge des Service-Learning-Programms „sozialgenial“, an dem sich das HAG in diesem Jahr erstmalig beteiligt, damit „sozialgenial“-Schule ist, und das im Pädagogikunterricht wie auch in einem Kurs Evangelische Religion thematisiert wurde, hatten sich die Schüler überlegt, wie sie sich bürgerschaftlich engagieren könnten.

„Mein Opa liegt hier“ weist Flavia Fronk auf eine Grabstätte. So gepflegt wie diese sind auf dem kleinen Friedhof nicht alle Gräber. Um etwa 80, schätzt Pfarrer Peter Kossen, kümmere sich niemand mehr. Das ist auch Flavia aufgefallen, die vermutet, dass gerade viele ältere Menschen nicht mehr in der Lage sind, sich um die Pflege der Gräber ihrer Angehörigen zu kümmern, vielleicht nicht einmal mehr den Weg zum Friedhof schaffen.

Daher schlugen sie und Jacsana Rasiyah zur großen Überraschung ihrer Lehrerinnen vor, die Grabpflege für einen Vormittag zu übernehmen. „Eine tolle Idee“, findet Pfarrer Kossen, der die Gruppe mit offenen Armen, einem kurzen Vortrag zum Thema Bestattungskultur, Informationen zu den auf dem Friedhof beigesetzten Zwangsarbeitern, darunter auch Kinder, einem Snack und kühlen Getränken empfing und beim schweißtreibenden Arbeitseinsatz tatkräftig mit anpackte.

Das sozialgeniale Projekt überzeugte auch die Inhaber einiger Gärtnereien. Der Gartenbaubetrieb Liede in Brochterbeck, das Blumenhaus Braun und das Blumenparadies in Lengerich, der „Blütenzauber“ in Lienen und der „Burggarten“ in Tecklenburg stifteten bereitwillig blühende Pflanzen und Bodendecker.

Mit Wasser und Wurzelbürsten befreiten die Oberstufenschüler, die am Freitag, dem SEK 1-Wandertag, eigentlich schulfrei gehabt hätten, Grabsteine von Grünspan, jäteten Unkraut und bepflanzten Grabstellen.

Besonders intensiv kümmerten sich die Jugendlichen um die Gräber der Zwangsarbeiter, die den Status von Ewigkeitsgräbern haben und Mittelpunkt eines neu zu gestaltenden Gedenkortes werden sollen. Im Gespräch mit den Pädagoginnen regte Peter Kossen am Freitag an, künstlerisch talentierte Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums mit der grafischen Gestaltung einer Dokumentationsplatte zu beauftragen. Mit dem ebenso ungewöhnlichen wie genialen Grabpflege-Projekt haben die Jugendlichen möglicherweise die Chance, vom Träger des Programms „sozialgenial“, der Stiftung Aktive Bürgerschaft, als „Projekt des Monats“ mit einem Preisgeld ausgezeichnet zu werden.

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